Intimates of Moon
Die Botschaft unseres Alphabets

Mode - ein tierisch gutes Outfit

Nut, ägyptische Göttin, 3000 v. u. Z.

Was haben Mode, Schrift und Lust gemein? Die Balz. Denken wir nur an ein Date, vor dem wir uns die so wichtige Frage stellen: „Was ziehe ich an?“. Oder an eine Hochzeit, zu der wir uns (auch als Gäste) herausputzen. An Tanzveranstaltungen oder Partys, bei denen es oft genug gilt, aus der Menge hervorzustechen, wenn wir auf Braut- bzw. Bräutigam-Fang sind oder verhindern wollen, dass unsere Begleitung seinen/ihren Blick auf eine(n) Andere/(n) richtet.

Während MANN bei solchen Gelegenheiten einst in einem Frack erschien und FRAU ihn in einer bezaubernden Robe becircte, kleiden sich beide Geschlechter heutzutage in der Regel ungezwungener, sofern es sich dabei nicht um hochoffizielle Anlässe handelt.

Doch viele Frauen nützen bis in unsere Tage noch immer einen unterhaltsamen Abend in Gesellschaft, um bei Kerzenschein oder andersartiger dezenter Beleuchtung im Dunkel der Nacht wie ein grünes Polarlicht aufzuflackern, ein Phänomen, von dem bereits unsere Vorfahren bezaubert waren.

Nut, die ägyptische Himmelsgöttin/Himmelskuh/Königin der Nacht, die die Sonne abends verschluckte, um sie am nächsten Morgen wieder zu gebären, können wir uns eben nicht nur schwarz oder blau vorstellen, sondern auch schon mal grün, wie wohl einst ihre griechische Entsprechung Nyx  oder die isländische Nott, die u. U. allesamt einen nordischen Ursprung haben. Im Schoß der Nut erwartet Verliebte bis heute „La petite mort“ und die Vorstellung, dorthin zurückzukehren, macht(e) das Sterben sicherlich leichter.

Mode verändert sich entsprechend gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und das nicht nur hinsichtlich unserer Garderobe. Auch Sprache und Schrift bleiben von ihnen nicht unberührt. Nach dem Zeitgeist richtet sich nicht nur, was wir am Körper tragen, sondern auch wie wir uns gebärden (gerade vor dem anderen Geschlecht) und sprechen und schreiben.

Wer nicht aus dem Rahmen fallen und sich in die Gesellschaft einfügen will, orientiert sich an der proklamierten Mode, selbst wenn sie nicht unbedingt seinem Geschmack entspricht, sei es im Dresscode, der Innenausstattung seiner Wohnung oder der Art und Weise seiner Liebeserklärung.
Während es über Jahrhunderte für Schriftkundige üblich war, Zuneigung und sexuelle Sehnsüchte galant zu formulieren und Herzensgefühle sowohl MANN als auch FRAU zu einem(er) Poeten(in) werden ließen, werden heute in der Regel Emotionen über das Handy durch Emojis übermittelt.
Damit finden wir uns am Beginn der Schriftentwicklung vor ca. 5000 Jahren wieder, an der sog. Piktogramme standen. Allerdings verwendeten unsere eiszeitlichen Vorfahren auch schon vor 40000 Jahren auf uns abstrakt wirkende Zeichen, deren Bedeutung uns bisher jedoch noch verschlossen ist. Das ist wohl der Grund, aus dem sich die Wissenschaft scheut, sie als Schrift anzuerkennen.
Diese entstand nach ihrer Interpretation erst mit den Stadtstaaten im Süden des Irak und im Altägyptischen Reich um 3300 v. u. Z. infolge ökonomischer und politischer Zentralisation und der Herausbildung einer Privatwirtschaft. Damit definiert sie Schrift aus unserer, vom Patriarchat geprägten Sicht heraus und preist sie als Errungenschaft der Zivilisation. Sie ignoriert dabei die Jahrzehntausende vorangegangene geistige und kulturelle Entwicklung des Menschen, die schließlich zur Entstehung der Keilschrift und der Hieroglyphen führte.

Schriftzeichen, zu denen sowohl Piktogramme, Silbenzeichen und Buchstaben gehören, sind in erster Linie kultur- und in zweiter Linie sprachgebunden. Sie dienen nicht nur dem Nachrichtentransfer, sondern tragen auch zur Identifikation religiöser Gemeinschaften und ethnischer Gruppen bei (s. Georgisch, Armenisch, Hebräisch, Arabisch).
Schrift ist ein nonverbales Kommunikationsmittel wie Gestik und Mimik und kann durch Piktogramme sprachübergreifend verstanden werden, sofern dem Betrachter der kulturelle Zusammenhang vertraut ist. Daher lassen sich mehr oder weniger abstrakte Zeichen nur insoweit richtig interpretieren, wie wir in der Lage sind, uns auf die Lebensumstände einzulassen, unter denen sie Verwendung fanden bzw. finden.

Einige symbolhafte und bildliche Darstellungen von heute würden unsere steinzeitlichen Vorfahren in unserem Sinne deuten können, selbst wenn sie sie nicht benutzt hatten. Bei vielen würden sie allerdings fragend die Stirn runzeln, während sie manche aufgrund ihres kulturellen Umfelds ganz anders als wir erklären würden (s. nebenstehende Abbildungen in der Gegenüberstellung „heute“ vor blauem und „Steinzeit“ vor weißem Hintergrund). Das betrifft insbes. das DREIECK, ein herausragendes Element der Schrift und Geometrie/Mathematik.