Intimates of Moon
Die Botschaft unseres Alphabets

Was machte den Mann zu Gott?

Eine Antwort bietet der hinduistische Gott Shiva, sans. der Glückverheißende, mit seinem Symbol, dem Lingam, das bei genauer Betrachtung nicht nur für ihn, sondern auch für seine Gattin Parvati steht.

Das Lingam, alttam. iligkam/ligkam, Eichel (des Penis), sans. Ursprung, verkörpert, verbunden mit seiner kultischen Verehrung, die Schöpfung des Menschen und allen Lebens in der Form eines ejakulierenden Penis in einer Vagina. Die Gläubigen spenden rituell das Ejakulat, eine Mischung aus Milch und Butterschmalz, die sie über die Eichel gießen und die darauf am Penisschaft in die Yoni, die Vagina, fließt.

Das Sumerische nutzt dafür eine Analogie: I3-LI2, jeweils 2 offene Dreiecke in der Form eines Vs mit 2 eingeschriebenen Keilen, das Zeichen NI, das verdoppelt Mensch, Mann, akk. awilu(m) (vg. Abel in der Bibel, hebr. Atem) bzw. amelu(m), bedeutet. Was man unter einem Menschen, Mann verstand, war ein ejakulierender Penis, denn NI in der Lesung I3 ist das Zeichen für Öl, Butter, einen Behälter für selbiges, und LI2 das für das Verb pressen. „Öl zu pressen“ war demnach auch eine Umschreibung für die Ejakulation eines Mannes. I3-LI2 in Kombination mit sum. GAM, Vagina (vgl. alttam. agkam, Bett) ergibt dann das, was das Symbol Shivas ausmacht, den Moment des Samenergusses  (sum. illu, Wasser, Quelle) in der Vagina, ein Akt, von dem man sich in der Regel Nachwuchs erhoffte und der mit einer Art Erlösung verbunden ist, sum. i-lu, freudiger Gesang.

Mit der Etablierung des Patriarchats im 3. Jahrtausend v. u. Z. in Mesopotamien und Ägypten rückte neben dem Heldenmut und der körperlichen Stärke des Mannes, d. h. Kriegers, zunehmend seine sexuelle Potenz in den Mittelpunkt des Kults um den Schöpfungsakt. Der ejakulierende Penis verdrängte mehr und mehr die gesellschaftliche Würdigung der Frau, indem er Stück für Stück ideelle Bereiche besetzte, die einst mit Zeugung, vor allem aber mit Schwangerschaft und Geburt verbunden waren. Dazu zählen der Himmel, der Bauch der Großen Mutter, ebenso wie der Sonnenaufgang, die Geburt.

Akk. i-lu(m), Gott, geschrieben mit dem sum.  Zeichen AN, Himmel, ist eine männliche Usurpation des Schöpfungsaktes, die sich im Gott El der Ugariter des 2. Jahrtausends v. u. Z. wiederfindet (vgl. hierzu sum. IL2, erheben, akk. elum, oberer, sich aufwärts richten und arab.`al, Familie, Sippe, alttam. al, Sonne).

Um die Frau vor Übergriffen und Entführung durch andere Männer zu schützen, wurde sie eingehüllt, in Kriegszeiten versteckt und mit der Zeit vieler ihrer Rechte und Freiheiten beraubt. Der Beginn der Zivilisation ging tragischerweise zwangsläufig mit ihrer Unterdrückung einher.

Die Metamorphose des Mannes zu GOTT durchlief 5 Etappen:
1. Ausgangspunkt: Mutter und Kind (Tochter, Sohn)
2. Mutter und Sohn
3. Mutter und Sohn, der zu ihrem Geliebten avanciert
4. Sohn/Geliebter wird zu Gott und Ehemann seiner einstigen Mutter
5. Gott (Mann), der Schöpfer, HERRscht allein (Monotheismus)

Im Zuge des in unseren Tagen heiß diskutierten Genderns sei an dieser Stelle angemerkt, dass das germanische Wort „guda“ (Gott) bis zum 3. Jahrhundert u. Z. ursprünglich ein Neutrum war und das erst im Verlauf der Christianisierung das männliche Geschlecht annahm.

Die Etymologie des Wortes „Gott“ gilt bisher als ungeklärt. Mit „gut“ hat es nichts zu tun, wahrscheinlich aber mit sum. GUD (GU4), dem Stier bzw. dem Kalb (vgl. sum. GUD SUMUN, Wildkuh, sans. gu, Kuh, äg. jd, Bez. für ein Rind). Die sog. Hörnerkrone war im alten Mesopotamien zunächst den Göttern vorbehalten, bevor Naram Sin, König von Akkad, sie sich im 3. Jahrtausend v. u. Z. auf sein Haupt setzte.

Die etymologische und ideologische Wandlung der Kuh von einem Kult um Mutter und Kind über den Stier (s. noch Zeus als Stier) bis hin zu Gott als Mann vollzog sich in einem Prozess, der um ca. 3000 v. u. Z. begann und bis heute andauert. Das Ergebnis sind mit einem vornehmlich männlichen Siegel verbriefte Ideologien (einschließlich der Religion), mit denen Herrscher seit 5000 Jahren Macht und Besitz, oft genug auch durch Kriege, zu sichern und auszuweiten suchen und dabei immer wieder den Glauben des Menschen an das Gute zu ihren Gunsten durch geschickte Manipulation (Propaganda) missbrauchen. Unverzichtbarer Bestandteil dieses Intrigantentums ist die Erschaffung eines wechselnden Feindbildes.

Mit dieser Erscheinung geht auch der Missbrauch von Sprache einher, da er u. a. viele Wörter seiner ursprünglichen Bedeutung beraubt. „Gott“ war ursprünglich die Kuh mit ihrem Kalb (sowohl weiblich als auch männlich), die im Mittelpunkt vieler freudiger Feste stand, wie uns der Tanz um das "Goldene Kalb“ noch zeigt.  Was dabei passierte, lässt sich aus sum. GUD-UD, der Sonnenstier/das Sonnenkalb, erschließen. Dieselbe Zeichenkombination bedeutet auch „(auf)springen“, „angreifen“, „tanzen“ sowie „Held“ und „Krieger“. Wie passt das zusammen?

Wenden wir uns dazu Kreta im 3. Jahrtausend v. u. Z. und dem Volk der Hamar u. Z. in Äthiopien zu. Beide Kulturen verbindet der sog. „Stiersprung“. Er erscheint auf Wandmalereien im Palast der Minoer von Knossos und ist bis heute (etwas abgewandelt) integraler Bestandteil des Initiationsritus junger Männer bei den Hamar. Der „Stiersprung“ erklärt die sum. Bedeutung des GUD-UD, des Sonnenstiers/kalbs, in seiner vollen Bandbreite:
Als erstes galt es, mit einem Sprung auf den Rücken des Rindes zu gelangen. Dazu musste man „angreifen“, d. h. das Tier bei den Hörnern packen. Um den Stier zu reizen, „tänzelte“ man vorher nackt vor ihm herum. Nach einer gelungenen Vorstellung war der junge Akrobat ein Mann, ein „Held“, ein „Krieger“. Die Wandmalereien aus Knossos zeigen uns allerdings wohl auch junge Frauen, die dieses gefährliche Spiel wagten.